Dienstag, 25. November 2008


Kollektive Rechtsdurchsetzung - Konferenz beim BMJ

In einer interessanten Pressemitteilung informierte das Bundesminsiterium der Justiz (BMJ) heute über eine aktuelle Konferenz zum Thema "Kollektive Rechtsdurchsetzung in Deutschland".

Vor dem Hintergrund einer Initiative der EU Kommission zum gleichen Thema verdeutlicht das BMJ unter anderem, dass eine "opt-out" Lösung, bei der ein Geschädigter aktiv werden muss um sich NICHT automatisch an einer Sammelklage zu beteiligen, mit dem verfassungsrechtlichen Anspruch auf rechtliches Gehör nicht vereinbar wäre. Vielmehr müsse der Geschädigte wählen können, ob er sich daran beiteilige oder nicht (sog. "opt-in" Lösung). Die Pressemitteilung fasst zudem den aktuellen Stand der Möglichkeiten kollektiver Rechtsdurchsetzung in Deutschland zusammen:

  • "Gewinnabschöpfung: Bei Kleinstschäden stehen Aufwand und Kostenrisiko für den einzelnen Betroffenen von vornherein außer Verhältnis zum Schaden. Deswegen wird er regelmäßig auf eine gerichtliche Durchsetzung seiner Ansprüche verzichten. Damit sich ein Geschäftsmodell, das darauf setzt, nicht lohnt, hat der Gesetzgeber seit 2005 im Wettbewerbsrecht und im Kartellrecht einen Gewinnabschöpfungsanspruch geschaffen. Verstößt ein Unternehmen vorsätzlich gegen das Wettbewerbs- oder Kartellrecht, kann der daraus erzielte Gewinn des Schädigers abgeschöpft und an die Staatskasse abgeführt werden. Klageberechtigt sind unter anderem die Verbraucherschutzverbände, die Industrie- und Handelskammern oder andere Verbände zur Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen.
  • Einziehungsklage: Bei mittleren Schäden sind die einzelnen Geschädigten häufiger bereit, ihre Rechte durchzusetzen, wenn sich Aufwand und Risiko in vertretbarem Rahmen halten. Dafür gibt es im deutschen Recht seit 2002 eine spezielle Form der opt-in-Sammelklage, nämlich die sogenannte Einziehungsklage für Verbraucherverbände. Sie gibt Verbraucherschutzverbänden die Möglichkeit, Zahlungsansprüche von mehreren Verbrauchern im eigenen Namen einzuklagen. Bei einer Einziehungsklage sind Aufwand und Risiko individueller Klagen spürbar vermindert. Zugleich ist sie gegen Missbrauch und vorschnelles Klagen gesichert. Das am 1. Juli 2008 in Kraft getretene, neue Rechtsdienstleistungsgesetz hat dieses Instrument noch erweitert.
  • Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG): Eine dritte Kategorie sind Großschäden insbesondere in den Bereichen Produkthaftung, Prospekthaftung oder Haftung für schwere Unfälle mit vielen Opfern. Hier sind die Geschädigten meist entschlossen, ihre Ansprüche durchzusetzen. Gerichte müssen über Instrumente verfügen, um solche Großschadenskomplexe möglichst effizient, zügig und einheitlich zu entscheiden. Für den Teilbereich des Kapitalmarktrechts wurde im Jahr 2005 mit dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG) eine Lösung geschaffen. Mit dem KapMuG kann in Schadensersatzprozessen wegen falscher, irreführender oder unterlassener Kapitalmarktinformationen ein Musterverfahren durchgeführt werden. Tatsachen- und Rechtsfragen, die sich in mindestens zehn individuellen Schadensersatzprozessen gleichlautend stellen, können in dem Musterverfahren einheitlich durch das Oberlandesgericht entschieden werden. Dieser Musterentscheid hat dann Bindungswirkung für alle gleichartigen Prozesse. Das KapMuG ist ein Pilotprojekt, das am 1. November 2010 außer Kraft treten wird. Der Gesetzgeber wird bis dahin untersuchen, ob das Musterverfahren als allgemeine Regelung in die Zivilprozessordnung aufgenommen werden soll. Es sind Anwendungsfälle denkbar, für die sich ein Musterverfahren durchaus eignen würde."

Montag, 24. November 2008


Urteil im Siemens / AUB Prozess

Wie FTD-Online heute berichtet, wurde der ehemalige Siemens Vorstand Johannes Feldmayer heute zu 2 Jahren Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Feldmayer hatte dem Mitangeklagten Wilhelm Schelsky, damals Vorsitzender der Gewerkschaft AUB in der Zeit von 2001 bis 2006 mehr als 30 Mio. EUR aufgrund fadenscheiniger Beraterverträge zukommen lassen.
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Feldmayer damit Siemens-Gelder veruntreute, illegal Betriebsratswahlen beeinflusste und Steuern hinterzog. Schelsky erhielt wegen Beihilfe zur Untreue, Betrug und Steuerdelikten eine Haftstrafe von viereinhalb Jahren ohne Bewährung. Die Richter waren zu dem Eindruck gelangt, dass es sich bei der AUB um eine Marionettenorganisation des Siemens Managements gehandelt habe.

Pearly King & Queen


Vor Kurzem bin ich zum ersten Male einem echten "Pearly King" und seiner "Pearly Queen" begegnet (siehe Foto). Was hinter dieser Bezeichnung steht, ist im entsprechenden Arikel bei Wikipeida (hier)recht gut erklärt. Die beiden haben mich auch gleich mit Ihrem "Cockney rhyming slang" verwirrt. Schön fand ich es auch zu sehen, dass die Tradition auch in der übernächsten Generation fortgesetzt wird.

Freitag, 21. November 2008


Leckere deutsche Brötchen unweit der Londoner City!

Wer in London's Finanzzentrum arbeitet und Lust auf ein leckers Körnerbrötchen hat, dem kann ich Berlin Delicious, 129a Whitechapel High Street, London E1 7PT wärmstens empfehlen (hier geht's zur Website).
Auch dort erhältlich: Bionade!


SEC Settlements: Eine neue Ära nach "SOX"


NERA hat die Entwicklung der SEC-Settlements in den vergangenen Jahren untersucht und zeigt in der hier abrufbaren Studie einige interessante Trends auf. So ist einerseits bei den Beträgen der Settlements seit 2006 wieder eine Reduktion zu verzeichnen während bei Insider Trading Fällen die Tendenz in 2008 wieder gestiegen ist.

Donnerstag, 20. November 2008



Bewerbungsfrist läuft in acht Tagen ab

Wie die Times Online heute berichtet, verbleiben möglichen Interessenten noch acht Tage um eine Bewerbung für eine Stelle als Richter an dem in Gründung befindlichen Supreme Court of the United Kingdom einzureichen.

Wie wohl nur wenigen Interessierten ausserhalb Großbritanniens bekannt ist, wurde im Rahmen des Constitutional Reform Act 2005 beschlossen, dieses Gericht zu schaffen. Es soll seine Tätigkeit nach Abschluss der Arbeiten am Gerichtsgebäude, der ehemaligen Middlesex Guildhall (siehe Bild) im Oktober 2009 aufnehmen.

Der Supreme Court of the United Kingdom wird die bislang dem House of Lords zustehenden Aufgaben der Rechtsprechung übernehmen. Diese wurden gewöhnlich nicht vom gesamten House of Lords, sondern von den Lords of Appeal in Ordinary (den so genannten Law Lords) ausgeübt.

Damit wird das neue Gericht höchste Instanz in allen Fragen englischen, walisischen und nordirischen Rechts. Anders als in zivilrechtlichen Fragen bleibt in strafrechtlichen Angelegenheiten hingegen der High Court of Justiciary für Schottland oberste Instanz.

Ferner werden dem Supreme Court die Aufgaben des Judicial Committee of the Privy Council übertragen, welches unter anderem auch als letzte Instanz oberhalb der höchsten Gerichte einiger Commonwealth Staaten fungierte.

Der Supreme Court soll zunächst mit den bisherigen law Lords besetzt werden. Da vor Aufnahme der Tätigkeit des Supreme Court aber drei der derzeitigen Law Lords in den Ruhestand treten werden, läft derzeit das Bewerbungsverfahren für deren Stellen.

Neben Fragen der personellen Besetzung sind jedoch noch viele weitere formelle Punkte noch nicht abschliessend geklärt. Zwar sind organisatorischen Fragen für mögliche Übertragungen aus dem Gerichtssaal noch nicht geregelt, aber durch das Verlegen der entsprechenden Kabel werden zumindest faktisch bereits die notwendigen Voraussetzungen für Fernsehen und Webcasts geschaffen. Damit einher geht jedoch auch die Frage nach den Formalia für die Urteile des Supreme Court. Neben einer Sachverhaltsdarstellung (die bisher nicht immer vorhanden war) käme hier eine Zusammenfassung der Entscheidung in Betracht.

Daraus folgen aber weitere, bislang unbeantwortete Fragen: Wer soll das Urteil verfassen. In der bisherigen Praxis enthalten die Entscheidungen der Law Lords, die manchmal bis zu fünf voll ausformulierte und sich unter Umständen auch gegenseitg widersprechende Begründungen und sind so selbst für Juristen verwirrend. Die Meinungen gehen aber noch auseinander, ob zukünftig einer der Richter das mehrheitlich gefällte Urteil verfassen und den anderen lediglich die Möglichkeit gewährt werden soll, Ihre gegebenenfalls abweichende Meinung in Fussnoten oder im Anschluss zu begründen.

Unklar ist ferner noch, in welcher Stärke und Zusammensetzung über die zukünftigen Fälle verhandelt werden soll. Diese und viele andere Detailfragen müssen noch geklärt und beschlossen werden, bevor das Gericht dann im kommenden Jahr seine Arbeit aufnehmen soll.

Mittwoch, 19. November 2008


Gute Frage!

Who controls AIG, fragt der deal Professor:

1) die Federal Reserve
2) das Department of the Treasury
3) die Aktionäre A.I.G. (aber nicht der Staat)
4) alle Vorgenannten gemeinsam
5) man weiss es nicht so genau.

Der deal Professor scheint zu dem Ergebnis zu kommen, dass es die Trustees des A.I.G. Credit Facility Trust sind (via dealbook).