Dienstag, 28. Oktober 2008



Murks oder Meisterwerk? Hauptsache es wird reguliert!

Vor rund einem Jahr, am 30. Oktober 2007 ist hier der Legal Services Act verabschiedet worden. Die darin enthaltenen Reformen treten sukzessive, über einen Zeitraum bis 2011 in Kraft. Einige der Neuregelungen gehen dabei weit über das hinaus, was das kürzlich in Deutschland in Kraft getretene Rechtsdienstleistungsgesetz zulässt.
Als neue Rechtsformen gibt es Legal Disciplinary Partnerships (LDP), welche den Zusammenschluss verschiedener in England existierender juristischer Berufe wie solicitors, licensed conveyancers, barristers, law cost draftsmen, notaries public, patent- und trademark agents ermöglichen und die so genannten ABS (Alternative Business Structures), in denen die multi-disziplinäre Zusammenarbeit von Anwälten mit anderen Berufen möglich wird. An Letzteren sollen sich dann auch nicht-Anwälte (ganz oder teilweise) als Eigentümer beteiligen können. Dies soll sogar im Rahmen einer Börsennotierung möglich sein.
Während auf der Ebene der Organisationsform und Kapitalbeteiligung also die Möglichkeiten vielfältiger werden, kommt auf Seiten der Fachaufsicht ebenfalls ein weiterer Grad an Komplexität hinzu.
So wurde im Rahmen der letzten Reform der Law Society die Aufsicht über solicitors entzogen und der neu geschaffenen Solicitors Regularory Authority (SRA) zugewiesen. Die Law Society ist jetzt „nur“ noch für die Interessenvertretung dieses Berufsstandes zuständig. Ähnlich verhält es sich bei den barristers, die vom Council of the Bar repräsentiert, aber vom Bar Standards Board (BSB) beaufsichtigt werden.
Mit dem Legal Services Act wurde nun zusätzlich das Legals Services Board (LSB) geschaffen, welches der SRA und dem BSB als Regulator übergeordnet wurde. Das LSB soll dann u.a. auch darüber entscheiden, welche (gegebenenfalls noch einzurichtende) Stelle in Zukunft die Erlaubniserteilung und Überwachung der Alternative Business Structures zur Aufgabe haben soll. Das LSB soll aus 5 Juristen und 4 Laien bestehen, zudem soll ihm noch ein consumer panel (Verbraucherrat) beigeordnet sein.
Um das nach Aussagen von Juztizminister Jack Straw vorrangige Ziel des neuen Gesetzes, nämlich einen stärkeren Verbraucherschutz zu erreichen, kommt mit dem Office for Legal Complaints (OLC) noch eine weitere Institution hinzu. Das OLC soll, ähnlich wie der Ombudsman im Financial Services Bereich, Anlaufstelle für alle Streitigkeiten von Verbrauchern (= Mandanten) sein und Fälle bis zu einem gewisser Höhe nach eigenem Ermessen entscheiden können.
Die Meinungen gehen darüber auseinander, ob für die mit der zukünftig zulässigen Beteiligung von nicht-Juristen einhergehende Kapitalbeschaffungsmöglichkeit überhaupt ein nennenswerter Bedarf in der Anwaltschaft besteht. Ferner erscheint es mir fraglich, ob die zunehmende Komplexität sowohl auf der Ebene der Berufsausübung wie auch gleichzeitig auf der Ebene der Aufsicht tatsächlich zu besseren Ergebnissen für die Anwälte und Ihre Klienten führen wird.
Für die Antwort auf die Frage "Murks oder Meisterwerk?" gilt also der unvergessene Satz von Franz Beckenbauer: Schaun' mer mal!

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